Gartenreichbrief -
Neues von der Kulturstiftung

Großer Beliebtheit bei den Anhängern der Kunst des klassischen Altertums im 18. Jahrhundert erfreuten sich die berühmten antiken Monumental-Vasen mit figürlichen Motiven. Sie waren in den Villen der namhaften Familien Roms, Borghese, Medici, Albani und Giustiniani zu bestaunen. Auch Fürst Franz und sein gelehrter Reisebegleiter Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff besichtigten während ihrer Grand Tour im Frühjahr 1766 die vier großen Marmor-Gefäße.

Erdmannsdorff erweist sich in seinem Reisetagebuch auch bei der Betrachtung der Vasen als leidenschaftlicher Antikenexperte. In der Villa Borghese etwa beschreibt er eines der berühmten Stücke, den sogenannten „Krater Borghese“, eine 1,72 Meter hohe Vase mit kunstvoll als Relief ausgearbeiteten dionysischen Motiven aus dem 1. Jh. v. Chr. Durch Napoleon gelangte der Krater nach Paris und bereichert heute die Antikensammlung des Louvre.

In der Villa Medici betrachteten der Fürst und sein kompetenter Begleiter die viel beachtete, oft kopierte und dargestellte, nur um weniges kleinere „Medici-Vase“ aus derselben Zeit mit einer wohl komponierten mythologischen Szene, die sich heute in den Uffizien in Florenz befindet.

Die Begeisterung für die Vasen mit hocherotischen Körperdarstellungen schlägt sich in zwei pittoresken, von der Hand des in Rom lebenden niederländischen Malers Jan Frans van Bloemen stammenden Gemälden im „Ersten Langzimmer“ des Wörlitzer Schlosses nieder. Gezeigt werden hier zwei der berühmten, in römischen Gärten aufgestellten Bildhauerwerke. Die dargestellten Villen-Gärten mit den Standorten der Vasen sind allerdings reine Erfindungen, sogenannte „Capriccios“.

Die Gemälde im Schloss Wörlitz 

Auch in den vier kleinen, vorzüglichen Bronzenachbildungen durch Giacomo Zoffoli auf den Kaminsimsen im Festsaal des Wörlitzer Schlosses wird den berühmtesten Krateren in Rom, Medici, Giustiniani, Albani und Borghese gehuldigt.

Zoffolivasen

Zudem wurden im Wörlitzer Park und an zahlreichen anderen Orten im Gartenreich vereinfachte Varianten nach den antiken Monumentalvasen in Sandstein, jedoch ohne figürliche Reliefs aufgestellt. Die gewiss bekannteste ist an dem auf das Schloss Wörlitz zuführenden Weg stehende. Es handelt sich um die auf einem hohen, szenisch reliefierten Sockel befindliche gedeckelte Vase, die dem Onkel und vormaligen Vormund des Fürsten Franz Fürst Dietrich von Anhalt gewidmet ist. Sie entstand nach einem Entwurf von Erdmannsdorff und ist mit feinem Pfeifen- und Riefelwerk geschmückt.

Dietrichsurne im Schlossgarten

Wie andere auch ist eine, an der Fähre zur Insel Stein stehende große Vase im Laufe der Jahrhunderte verschwunden; von ihr ist nur noch der Sockel erhalten. Doch noch immer sind zahlreiche große, nach berühmten antiken Vorbildern geschaffene Vasen wichtige Bestandteile des Gartenreichs.

Dr. Wolfgang Savelsberg, Abteilung Schlösser & Sammlungen