Während der Bauzeit des Wörlitzer Schlosses hielt sich der Architekt des Hauses, Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff, vom Sommer 1770 bis Anfang 1772 in Rom auf. Von hier aus sandte er Entwurfszeichnungen und erläuternde Briefe an den Dessauer Fürsten. Über die Gestaltung des Schlafzimmers der Fürstin Louise, wie von Erdmannsdorff es ausdrückt: „...eine so heilige und geheimnisvolle Stelle“ sind besonders ausführliche Überlegungen von ihm überliefert.
Die Schlafstatt, das wichtigste Utensil des Raumes, rückt der Architekt in einen Alkoven, zu dem drei Stufen empor führen. Damit sollte angedeutet werden, dass hier eine Königliche Hoheit schläft. Auf dem Giebel des Bettes ruht ein Somnus, der Gott des Schlafes, aus der berühmten Wedgwood-Fabrik. Davon gibt es weltweit nur noch eine zweite Ausführung – zu sehen im Birmingham Museum of Art/Alabama, USA.
Darunter ist ein vergoldetes Diadem angebracht: „…um doch einige Andeutung des fürstlichen Standes zu geben.“ Das Mondsicheldiadem ist gleichsam ein Symbol der Diana „… welcher bei den Alten die jungen Frauen nach ihrem ersten Kindbett pflegten ihre Gürtel zum Opfer zu bringen.“ Die beiden Gueridons mit den sich hinauf windenden Schlangen neben dem Alkoven deuten auf Hermes hin. Von Erdmannsdorff zeigt sich in all dem als ein hervorragender Kenner der antiken Mythologie.
Zwei Gemälde neben dem Alkoven zeigen die „Trattoria dello scoglio“ am Golf von Neapel, Grotten die es heute nicht mehr gibt, denn sie fielen der Bauwut der vergangenen Jahrzehnte zum Opfer. Beide Bilder stammen von der Hand Pietro Fabris, der „englische Maler“ genannt, der in Wirklichkeit wohl Peter Faber hieß. Die beiden Blumenstillleben jeweils darüber sind von der virtuosen Hand Pieter Snyers, genannt „The Holy One“.
Die Wandgemälde über den Türen wurden nach antiken Gemmen gemalt: „Die Hochzeit von Amor und Psyche“ und „Tanzende Liebesgötter“, die Wandmalereien über den Fenstern entstanden nach antiken Vorbildern. Die Bekannteste unter ihnen ist über dem linken Fenster die „Aldobrandinische Hochzeit“, die auch Winckelmann beschrieb: „Es ist hier […] die Vermählung des Peleus mit der Thetis vorgestellt, bei welcher drei Göttinnen der Jahreszeiten oder drei Musen das Brautlied singen.“ Peleus und Thetis sind die Eltern des griechischen Helden Achilles.
Auf der Granitplatte des Konsoltisches dem Alkoven gegenüber steht eine vermeintliche Büste der Julia Sabina, Gattin des Hadrian, mit dem sich Fürst Franz gern verglich. Heute wird diese als Livia, Gattin des Kaisers Augustus, gedeutet.
Das thematisch zum Raum passende Deckengemälde ist eine Kopie nach dem berühmten Gemälde von Guido Reni „Aurora vertreibt die Nacht“ im Casino Rospigliosi in Rom. Aurora, die Göttin der Morgenröte schwebt der Szene voran gleich hinter ihr ist ein Cherub mit einer Fackel dargestellt: der Morgenstern, das ist der Planet Venus.
Das Geschlecht der anhaltischen Fürsten erhob den Anspruch, dass es sich bis in mythologische Zeiten zurück verfolgen ließe. Venus verliebte sich in den sterblichen Anchises aus Troja. Sein Sohn hieß Aeneas und dessen Sohn war Ascanius. Ascanien ist der lateinische Name von Anhalt. Zur Hochzeit von Peleus und Thetis waren alle olympischen Götter geladen, mit einer bewussten Ausnahme: Eris, die Göttin der Zwietracht. Aus Rache warf sie einen goldenen Apfel unter die Gäste. Hera, Athena und Aphrodite (Venus) stritten sich um ihn. Hermes überbrachte den Apfel dem trojanischen Helden Paris und dieser entschied sich für Venus, da sie ihm die Liebe der schönsten Frau der Welt versprochen hatte: Helena. Paris entführte die Schöne – der Trojanische Krieg brach aus. Welches Fürstengeschlecht konnte auf eine derartige Genealogie verweisen?
Uwe Quilitzsch, Abteilung Schlösser und Sammlungen