Wie zeigen sich Auswirkungen des Klimawandels aktuell im Wörlitzer Park? Welche dieser Phänomene sind eigentlich nicht neu und lassen sich mit historischen Sinngehalten der Parkgestaltung in Verbindung bringen? Worin unterscheiden sich aber die heutigen Entwicklungen von den Herausforderungen, welchen sich schon die Gärtner früherer Generationen stellten?
Was haben Biodiversität, Hochwasserschutz und Gesundheitsprävention mit Gartendenkmalpflege im Wörlitzer Park zu tun? Und welche Anpassungen an die sich verändernden klimatischen Rahmenbedingungen sind heute möglich, um das gartenkulturelle Erbe zu bewahren? Um diesen Fragen im Wortsinn nachzugehen, hatten sich Besucherinnen und Besucher am 28. September 2024 zum Spaziergang durch die Wörlitzer Anlagen mit Michael Keller, Leiter der Abteilung Gärten und Gewässer, eingefunden. Anlass für diese Fachführung war der bundesweite Aktionstag „Klimawandel in historischen Gärten und Parks“. Dieser fand erstmals statt und geht auf eine Initiative der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlösserverwaltungen (AGDS) zurück.
Der Klimawandel hat gravierende Auswirkungen auf historische Gartendenkmäler. Daher stehen die Schlösserverwaltungen vor der elementaren gärtnerischen, denkmalpflegerischen und ökologischen Herausforderung, herausragende Meisterwerke der Gartenkunst – darunter die berühmten UNESCO-Welterbeparks in Potsdam-Sanssouci, Weimar, Wörlitz, Kassel-Wilhelmshöhe, Brühl und Bad Muskau/Łęknica – nicht nur authentisch, sondern auch widerstandsfähig für die nachfolgenden Generationen zu erhalten. Vor diesem Hintergrund führte die AGDS bereits in den vergangenen Jahren ein deutschlandweites Forschungsprojekt durch, welches das Erfahrungswissen der Gärtnerinnen und Gärtner zur Klimaanpassung mit Erkenntnissen von Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft zusammengeführt und aufbereitet hat. Die Ergebnisse des Projekts wurden im Juni 2024 bei einer Abschlusstagung in Bad Muskau der Presse vorgestellt und auf der Projektseite www.klimaanpassung-gartendenkmal.de veröffentlicht.
Viele Interessierte kamen am Aktionstag „Klimawandel in historischen Gärten und Parks“ zur thematischen Führung "Gewässersanierung und Hochwasserschutz in den Wörlitzer Anlagen"
Im Wörlitzer Park zeigen sich die Wirkungen von Veränderungen lokaler, aber auch überregionaler Wasserverhältnisse besonders anschaulich. Unter dem Eindruck der außergewöhnlichen Hochwasserereignisse 2002 und 2013 wurde der Elbdeich instandgesetzt und damit die historische Verknüpfung von Hochwasserschutz und Landschaftsgestaltung fortgeschrieben. Demgegenüber brachten die Dürresommer der Jahre 2018 und 2019 ganz andere Schwierigkeiten mit sich. So waren mit dem Trockenfallen großer Teile des Gewässersystems im Park die hölzernen Ufersicherungen stärker als zuvor dem Verfall preisgegeben. Aktuell wird eine Erneuerung vorbereitet, die mit einer abgewandelten, aber denkmalschutzkonformen Bauweise der rasanten Verkürzung regelmäßiger Instandsetzungszyklen entgegenwirken soll. Ein anderes Vorhaben ist auf die Verbesserung des Wasserzuflusses in den Park gerichtet. Hier muss u.a. der Eintrag von Nährstoffen aus der Agrarflur verringert werden, um Krisensituationen in Phasen gesunkener Wasserstände von den Parkgewässern abzuwenden. Aber auch die Artenvielfalt in Garten und Kulturlandschaft verlangt unsere Aufmerksamkeit, sind doch ein verantwortungsvoller Umgang mit den natürlichen Ressourcen und die Bewahrung des ausgewogenen Zusammenspiels von Flora und Fauna (um z.B. das Massenauftreten von Schadorganismen einzugrenzen) für den Fortbestand des Welterbes Gartenreich Dessau-Wörlitz von existentieller Wichtigkeit. Natürlich wurde auch besprochen, welche Strategien aktuell in der Gartendenkmalpflege verfolgt werden, um wertvolle Gehölzbestände zu sichern und welche Anforderungen Nachpflanzungen erfüllen müssen, damit die Intentionen der historischen Gartengestaltungen in die nächste Generation überführt werden können.
So stellte sich der Spaziergang durch den Park keineswegs als „Krankenbesuch“ dar, sondern bot Einblicke in die breitgefächerte Arbeitswelt heutiger Gartendenkmalpflege. Die große Resonanz zum ersten Aktionstag war außerdem für die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz eine schöne Bestätigung darin, dass sie auch in Zeiten ganz außergewöhnlicher Herausforderungen, wie sie der Klimawandel an die Bewahrung des Gartenreichs stellt, der aufgeschlossenen Anteilnahme einer interessierten Öffentlichkeit sicher sein kann.
Michael Keller, Abteilung Gärten & Gewässer