Wie geht es dem Wald im Gartenreich?
Das Jahr 2023 war deutschlandweit das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Die hohen Niederschläge, die vielerorts wahrnehmbar waren, dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Auswirkungen der heißen und trockenen Sommer der vergangenen Jahre weiterhin nachwirken.
Besonders im Wald des Gartenreichs zeigt sich eine besorgniserregende Entwicklung: Bei vielen Bäumen sind nicht nur Teile der Kronen, sondern auch die lebenswichtigen Wurzeln abgestorben. Diese Schwächung führt zu einer erhöhten Instabilität und macht die Bäume zunehmend anfällig für Schädlinge wie Borkenkäfer, Pilze und Misteln.
Langfristige Faktoren wie der Klimawandel und hohe Stickstoffeinträge verschärfen die Problematik zusätzlich. Der jüngst veröffentlichte Waldzustandsbericht verdeutlicht diese alarmierenden Entwicklungen und unterstreicht die Notwendigkeit, den Zustand unserer Wälder langfristig zu überwachen und mit gezielten Maßnahmen zu unterstützen.
Verkehrssicherungsmaßnahmen entlang von Wegen und Straßen
Mit Beginn des neuen Forstwirtschaftsjahres am 1. September 2024 wurden umfangreiche Verkehrssicherungsmaßnahmen entlang von Wander- und Radwegen sowie wichtiger Verkehrsachsen eingeleitet. Diese Einzelbaummaßnahmen, die mit den zuständigen Unteren Naturschutzbehörden der Landkreise abgestimmt wurden, dienen der Sicherstellung der Stabilität und Verkehrssicherheit. In den Waldgebieten Wörlitz, Vockerode, Waldersee, Salegaster Aue und Oranienbaum sowie entlang der Autobahn A9, der Bundesstraße B107 und des Radwegs R1 wurden sämtliche touristischen Wege in einen verkehrssicheren Zustand versetzt. Besonders im Fokus standen dabei auch gefährdete Bereiche wie der Fliederwall, der Sieglitzer Park, Kupenwall und der Leiner Berg.
Unter Einsatz von Hebebühnentechnik erfolgten vor allem Rückschnitte abgestorbener Kronenteile. Dabei wurden die gesetzlichen Auflagen der Naturschutzbehörden strikt beachtet. In vielen Bereichen werden nun neue Nistkästen aufgehängt, um betroffenen Vogelarten zukünftig Schutz und Brutmöglichkeiten zu bieten.
Eishang nach sinkendem Hochwasser © Stephan Behrens
Pflege- und Verjüngungsmaßnahmen für einen zukunftsfähigen Wald
Im Anschluss an die Verkehrssicherungsmaßnahmen wurde mit Pflegemaßnahmen zur Weiterentwicklung der jungen und mittelalten Waldbestände begonnen. Die Arbeiten umfassen die Regulierung des Standraums der Bäume sowie die Anpassung der Baumartenmischung, um einen gesunden und stabilen Mischwald zu fördern. Die Pflege erfolgt durch beauftragte Dienstleister und orientiert sich an den Vorgaben der Forsteinrichtung.
Ein zentraler Bestandteil der Forstwirtschaftsplanung ist zudem die Verjüngung des Waldes, die durch unterstützende Pflanzungen erfolgen soll. Dabei stehen vor allem die Anpassung des Bestandes an die sich wandelnden Klimabedingungen sowie die Schaffung eines vielfältigen Baumartenmixes im Vordergrund. Hierzu werden hauptsächlich Stieleichen, Flatterulmen, Winterlinden, Hainbuchen und Wildobstbäume in den Hartholzauenwäldern benötigt. Ebenso wird kleinteilig die Roterle entlang von feuchteren Senken gepflanzt. Der Berg- und Feldahorn sowie die Gemeine Esche stellen sich meist über die natürliche Verjüngung wieder ein. In den terrestrischen Waldteilen z. B. Oranienbaum werden meist Traubeneiche, Hainbuche, Spitzahorn und Winterlinde gepflanzt. Dazu kommt die Gemeine Kiefer, welche sich über natürliche Verjüngung in die jungen Waldbestände einmischt. Leider stellt die Verknappung von geeignetem Saatgut eine wachsende Herausforderung dar. Dies führt nicht nur zu einer Erhöhung der Kosten, sondern in einigen Fällen auch zu Verzögerungen bei der Verjüngung. Die Forstwirtschaft steht hier vor der Herausforderung, geeignete Ressourcen zu finden, um den Wald langfristig zukunftsfähig zu gestalten.
Blick in die Zukunft
Die Forstwirtschaft der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz steht vor der Aufgabe, den Wald im Gartenreich nicht nur kurzfristig zu sichern, sondern ihn nachhaltig und klimafest für die kommenden Generationen zu gestalten. Mit der konsequenten Pflege und gezielten Verjüngung soll der Wald als wichtiger Bestandteil des Weltkulturerbes erhalten und weiterentwickelt werden.
Stephan Behrens, Referat Waldbewirtschaftung & Nicole Boß, Kommunikation & Service