Über die Jahrhunderte ist das Schloss Oranienbaum zu einem Zeugen verschiedener Epochen geworden. In seinem Erscheinungsbild spiegelt sich seine wechselvolle Nutzungsgeschichte als Sommer- und Witwensitz, Jagdschloss, Landesarchiv und Museum wieder.
In den 1920er Jahren brachte Ludwig Grote (1893–1974), von 1927 bis 1933 Direktor der Anhaltischen Gemäldegalerie (AGD) sowie Landeskonservator in Anhalt, die Idee einer Filialgalerie der AGD im Schloss Oranienbaum ein. Für ihn war absehbar, dass im Dessauer Palais Reina, in dem die AGD untergebracht werden sollte, nicht genügend Platz für die Präsentation der umfangreichen Sammlung bestünde. Im Jahre 1927 wurde der Bauhausmeister und Farbgestalter Hinnerk Scheper (1897–1957) von Grote beauftragt, die Farbfassungen für die Ausstellungsräume im Schloss zu entwickeln.
Die von Scheper entworfenen Wandfassungen bildeten den farblich passenden Hintergrund für die kostbaren Gemälde überwiegend altniederländischer und altdeutscher Meister, die sich im Besitz der AGD befanden.
Farbgestaltung nach Hinnerk Scheper im Obergeschoss (©KsDW, Peter Dafinger)
Im Erdgeschoss des Schlosses sind nach aktueller Kenntnis von den 15 Räumen neun in der Galeriezeit nach Vorgaben von Hinnerk Scheper ausgestaltet worden, fünf davon besitzen noch ihre damals angelegte Fassung, vier Räume wurden zwischenzeitlich überfasst. Im Obergeschoss sind von den 14 Räumen sieben in der Galeriezeit bearbeitet worden, drei davon besitzen noch die ursprüngliche Ausstattung von 1927, vier wurden auch hier überfasst. Die heute noch erlebbaren Farbsituationen sind in Deutschland wohl die letzten noch existierenden Sichtfassungen aus dem Farbkonzept Hinnerk Schepers.
Die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz und die Stadt Dessau-Roßlau mit der AGD haben das gemeinsame Ziel mit Unterstützung der Staatskanzlei und des Ministeriums für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt, künftig eine Filialgalerie der AGD im Schloss Oranienbaum einzurichten. Für diesen Zweck stehen fünf an Interieur weitgehend freie Räume und zwei Graphikkabinette im Obergeschoss des Schlosses zur Verfügung. Mit der restauratorischen Bearbeitung der Wandflächen sollen die Räume ihre farbigen Wandfassungen, wie sie zur Zeit der historischen Galerienutzung in den zwanziger Jahren vorhanden waren, zurückerhalten. Die authentischen, überkommenen Oberflächen und Farbfassungen der Galeriezeit sollen so weit als möglich erhalten werden.
v.l.n.r.: Maik Strömer (Bürgermeister Oranienbaum-Wörlitz), Thomas Arndt (Vorstandsvorsitzender Sparkasse Wittenberg), Robert Hartmann (Leiter der Abteilung Baudenkmalpflege der KsDW), Alexander Salomon (OSS), Dr. Steffen Kaudelka (Leiter der Stabsstelle Kommunikation und Service der KsDW), (©KsDW, Peter Dafinger)
Am 19. September überreichte Alexander Salomon, Referent für Stiftungsangelegenheiten der Ostdeutschen Sparkassenstiftung, gemeinsam mit Thomas Arndt, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Wittenberg, im Rahmen dieses Projektes die schriftliche Förderzusage an die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz. Dank dieser großzügigen Förderung und der Unterstützung durch das Land Sachsen-Anhalt kann die Restaurierung der noch vorhandenen Raumfassungen schon bald beginnen
Die Fertigstellung der zu restaurierenden Scheper-Fassungen ist für 2025 vorgesehen. Dies ist ein Beitrag zum 100-jährigen Jubiläum des Umzugs des aus Weimar vertriebenen Bauhauses nach Dessau.
Robert Hartmann (Abteilung Baudenkmalpflege) & Stabsstelle Kommunikation & Service