Gartenreichbrief -
Neues von der Kulturstiftung

Anmerkung

Da Maria Anna Prinzessin von Anhalt-Dessau die Malerei nicht beruflich ausübte, gilt sie nach fachlicher Einschätzung als "dilettierende Laienmalerin". Diese Begriffe stellen keineswegs eine Abwertung ihrer Kunst dar. Vielmehr ist es die Beschreibung einer talentierten Frau, die als Hobbymalerin - geschult durch einen Privatlehrer, nicht etwa ausgebildet an einer Kunstakademie - eine beachtlich gute Qualität auf die Leinwand gebracht hat.

Die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz besitzt zwei gut gemalte Landschaftsgemälde, die von der Hand einer anhaltinischen Prinzessin stammen: Maria Anna Prinzessin von Preußen, geborene Prinzessin von Anhalt-Dessau, königliche Hoheit. Die beiden, relativ großformatigen, in Öl auf Leinwand gemalten und aufwendig gerahmten Bilder zeigen im Jahr 1901 entstandene Ansichten aus dem Wörlitzer Park.

Das eine, deutlich erkennbar mit einem Blick über den Wörlitzer See, auf das sich im Wasser spiegelnde Nymphaeum, das andere Gemälde zeigt allein eine Baumgruppe, die sich jedoch im erstgenannten Bild wiederfindet. Motive aus dem Wörlitzer Park wurden von der dilettierenden Künstlerin vornehmlich deshalb gewählt, weil sie nach dem Tod ihres Gemahls 1885 bis zu ihrem Ableben 1906 die Sommermonate in der ersten Etage des Wörlitzer Schlosses zugebracht hat.

In seiner 1903 veröffentlichten Reisebeschreibungen „Aus Anhalt und Thüringen“ berichtet der österreichische Schriftsteller und Publizist Karl Emil Franzos über die Besichtigung des Wörlitzer Schlosses, bei der auch die Prinzessin Erwähnung findet: „… um so dankenswerter ist, daß die Prinzeß Friedrich Karl (die Prinzessinnen erhielten den Namen ihres Ehemannes!), die es jetzt bewohnt, die Besichtigung gern gestattet, sogar ganz gründlich wie mir der Kastellan […] versicherte.“ Auch auf ihre Profession als Malerin geht Franzos ein, als er berichtet: „Die greise Fürstin ist auch Malerin; ich konnte zwei ihrer Landschaften sehen.“ Er fügt einschränkend hinzu: „Da sie nicht für die Öffentlichkeit schafft, so verbietet sich jedes Wort des Lobes und darum auch des Tadels.“ So vornehm also umschifft es der Schriftsteller, die Kunst der Laienmalerin einer Wertung zu unterziehen.

Prinzessin Maria Anna wurde am 14. September 1837 in Dessau als drittes Kind und zweite Tochter des Herzogs Leopold Friedrich von Anhalt-Dessau, des Nachfolgers und Enkels des Fürsten Franz, und der Herzogin Friederike von Preußen geboren. Sie vermählte sich am 29. November 1854 in Berlin mit Friedrich Karl Nikolaus Prinz von Preußen. Bis zu seinem Tode hatte der Prinz hohe militärische Ämter in der Preußischen Armee inne; so wurde er zum Generalfeldmarschall und Inspekteur der Kavallerie ernannt. Die Prinzessin schenkte drei Kindern, zwei Töchtern und einem Sohn, das Leben. Am 12. Mai 1906 in Friedrichroda gestorben, fand sie ihre letzte Ruhestätte neben ihrem Ehemann und ihren Schwiegereltern in der Marmorgewölbe-Gruft unter der Kirche St. Peter und Paul in Berlin-Wannsee.

Zum Malen kam Maria Anna – allein mit ihren zwei Vornamen werden ihre Gemälde signiert – vermutlich über ihren Vater, den äußerst kunstsinnigen Herzog Leopold Friedrich, der selbst ein ausnehmend guter Maler war. Auch von seiner Hand besitzt die Kulturstiftung ein sehr qualitätsvolles Gemälde, eine vom Luisium aus gemalte Ansicht von Dessau. Im Gegensatz zu ihm, der noch ganz der Landschaftsmalerei des 18. und frühen 19. Jahrhunderts verpflichtet ist, malt Prinzessin Anna Maria impressionistisch. Bemerkenswert ist in dem zweitgenannten Gemälde die alleinige Konzentration auf die Wiedergabe der herbstlichen Stimmung und des Lichtspiels in den bereits braun verfärbten Blättern und auf dem Grün der Wiese – ganz bewusst, ohne den Ort kenntlich zu machen. Wenn sich auch Karl Emil Franzos um ein Urteil „drückt", so wollen wir aus heutiger Sicht die Bilder doch als sehr eingefühlte und stimmungsvolle Schöpfungen des frühen Impressionismus werten, die unsere Anerkennung verdienen.

Dr. Wolfgang Savelsberg, Abteilung Schlösser und Sammlungen