Gartenreichbrief -
Neues von der Kulturstiftung

Öffnungszeiten

indiv. Besichtigung der neuen Dauerausstellung

Bis September: Di-So: 10-17 Uhr

Nachsaison (1. bis 31. Oktober)
Sa, So, Feiertage 10–17 Uhr

Vor 350 Jahren gab Fürstin Henriette Catharina von Anhalt-Dessau dem Ort Nischwitz den an ihre niederländische Heimat erinnernden Namen „Oranienbaum“. Die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz nahm dieses Jubiläum zum Anlass, für das Schloss eine neue Dauerausstellung zu entwickeln.

Im Laufe der Jahrhunderte hat Schloss Oranienbaum viele Nutzungen erlebt – als Sommerresidenz, Witwensitz, Jagdschloss, Archiv und Museum. Spuren dieser Veränderungen zeigen sich am und im Schloss und lassen es wie eine steinerne Zeitachse wirken. Die Ausstellung „Zeit(ge)schichten – ein Schloss erzählt, was in ihm steckt“ zeichnet diese Entwicklung nach und folgt einem chronologisch aufgebauten Konzept.

Sie beginnt mit der Hochzeit Johann Georgs II. von Anhalt-Dessau (1627–1693) und der niederländischen Prinzessin Henriette Catharina von Oranien-Nassau (1637-1708). Die Verbindung brachte beiden Seiten Vorteile: Die Niederlande mussten ihre Interessen gegenüber Frankreich, England und Schweden durchsetzen und setzten auf Bündnispartner im Heiligen Römischen Reich. Das vom Dreißigjährigen Krieg gezeichnete Anhalt-Dessau brauchte dringend Investitionen. Henriette Catharina brachte dafür die finanziellen Mittel mit.

Das Fürstenpaar verfolgte in seinem Staat ein ambitioniertes Bauprogramm. Zahlreiche Werkstätten und Manufakturen wie Hafner, Silberschmiede oder Glasmacher produzierten für den fürstlichen Hof. Etliche von ihnen stellten ihren Betrieb bald wieder ein, weil sie unrentabel arbeiteten. Vielleicht fehlten lukrative Aufträge, nachdem die Bautätigkeit des Fürstenpaares weitestgehend abgeschlossen war. Schloss und Planstadt Oranienbaum sind das letzte große Bauprojekt der beiden. Die Erbauerin, Henriette Catharina, ließ bewusst die Stadt auf das Schloss ausrichten, als Sinnbild für die absolute Macht des Fürstenhauses. Diese beiden Elemente Stadt und Schloss, die untrennbar mit einander verbunden sind, werden in der Ausstellung ebenfalls thematisiert.

Oranienbaum LuftBlick vom Schlosspark, über das Schloss in Richtung der Stadt Oranienbaum (©KsDW, Peter Dafinger)

Von der einst so reichen Ausstattung des Schlosses ist heute kaum mehr etwas vorhanden. Durch Erbschaft oder Verkauf wurde sie zerstreut. Manches kehrte über Umwege in das Gartenreich zurück wie die wertvollen Gemälde, die sich heute im Galeriesaal in Mosigkau befinden. Anderes blieb verschollen. In einem eigenen Raum wird diesen Schicksalen unterstützt durch digitale Medien nachgespürt.

Vergleichsweise viel Platz ist dem großen Einschnitt gewidmet, den die Abdankung des Prinzregenten Aribert im November 1918 markiert. Nur wenige Jahre vorher traf sich die Elite des Kaiserreiches zu großen Herbstjagden in Oranienbaum. Ein großer Glaspokal aus dem Jahre 1913 erinnert daran, dass Herzog Friedrich II. im Herbst 1912 einen kapitalen 22-Ender gestreckt hat. Aribert leitete eine neue Epoche ein, indem er die Joachim-Ernst-Stiftung ins Leben rief, die den herzoglichen Besitz bewahren sollte. Es Die Büste des Prinzregenten ist in der Ausstellung absichtlich so platziert, dass sie der Epoche glänzender Jagdgesellschaften den Rücken kehrt und in die neue Zeit blickt.

Prinzregent Aribert ist in der Ausstellung der Zukunft zugewandt (©KsDW, Nicole Boß)

In dieser neuen Zeit war das Schloss öffentlich zugänglich. Die Anhaltische Gemäldegalerie Dessau präsentierte Teile ihres Bestandes. Dafür ließ Ludwig Grote, der Direktor der Gemäldegalerie und Landeskonservator von Anhalt, einige Räume farbig fassen. Hinnerk Scheper, Farbgestalter und Lehrer am Bauhaus Dessau, übernahm diese Aufgabe.

1948 zog das anhaltische Staatsarchiv hier ein. Es blieb unter wechselnden Namen, bis 2004 die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz das Haus übernahm. Nun gilt es, das Schloss und seine Geschichte zu bewahren und es zeitgemäß zu nutzen.

Darum geht es im letzten Raum, der zum Mitdenken anregt. Ein inszeniertes Archivregal erinnert an die lange Zeit, da das Schloss als Archiv diente. Die letzten Fächer sind frei gelassen und stehen für die Geschichte von morgen, an der wir heute arbeiten. Was wünschen Sie sich für das Schloss? Wer möchte, kann seine Hinweise an einer Wand hinterlassen.

Platz für die Ideen unserer Besucherinnen und Besucher (©KsDW, Nicole Boß)

Die Ausstellung kommt mit wenigen prägnanten Stücken aus. Manche von ihnen mögen sogar unscheinbar wirken. Es ist aber ihre Geschichte, die ihnen Relevanz verleiht: Das alte Deckenpanel, das ausgebaut wurde und dann lange Zeit als Verblendung einer Tür diente. Eine chinoise Vase, die als Ersatz für schmerzlichen Verlust aus dem Kunsthandel angekauft wurde. Die Mumie eines Hundes, der zum Schutz vor Schadensfeuer in einem Kamin im Seitenflügel niedergelegt wurde. Sie alle stehen für bestimmte Phasen in der Geschichte des Schlosses und des Landes, und sind bis auf weiteres im Erdgeschoss des Schlosses Oranienbaum zu sehen.

Rüdiger von Schnurbein, Abteilung Schlösser und Sammlungen